Gedanken ueber Sinn und Zweck der Menschlichkeit
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Sunday, 25 February 2007
Portugiesische Desaster & das Unglueck zur Olympiade 1912 in Stockholm

Wir befinden uns in Portugal im Jahr 1911.

Durch einen urkomischen Zufall -und Schuld hatte ein depperter Deutscher- war Portugal ein Jahr zuvor, am 5.10.1910 durch eine teeny-weeny winzig kleine "Revolution" zu einer Republik geworden.

Erster Uebergangspraesident -bis zu einer Verfassung- wurde ein Poet.
Der Teofilo Braga (1843 - 1924)

Typisch Poet und Kenner der portugiesischen Geschichte -er hat verschiedene Buecher veroeffentlicht- gibt er den Ton an.
Seine Beliebtheit verdankt er Gedichten wie diesem schmeichelhaften Lobesgesang -mit Anleihen auf die Tapferkeit makedonischen Heldenmutes- dieser Hymne auf den portugiesischen Krieger:

O lusitano soldado
P'la guerra só tem paixão;
Ama o campo Juncado
O som do rouco canhão!
Da batalha, êsse fragor,
do Bronze, o troar fatal;
E no voar de mil setas
Vê as vitórias completas
P'ro caro Portugal!:.

Der lusitanische Soldat
fuer den Krieg kennt er nur Leidenschaft ;
Er liebt das gestrueppige Feld
Den Klang der rauhen Kanone !
Der Schlacht, dieses Krachen,
Der Bronze, das toedliche Donnern
Und im Fluge von tausend Pfeilen
Sieht er die vollbrachten Siege
Fuer das teure Portugal

- Erste Strophe des Canção do Guerreiro (Gesang des Kriegers)-

Einschub:
Oliveira de Salazar, der 2. Herkules Portugals,  wird -ab 1928 Finanzminister, ab 1932 Ministerpraesident- nicht nur den Augiasstall der portugiesischen Finanzen, sondern auch den Groessenwahn in den Koepfen der portugiesischen Elite aufzuraeumen haben !

Salazar wird sein Leben lang -wahrheitswidrig- aller Welt kundtun und damit die Neutralitaet Portugals im 2. Weltkrieg begruenden, dass seine portugiesischen Landsleute eben nur friedliebend und absolut unkriegerisch sind. 

Salazar hat uns tunlichst verschwiegen, dass Portugiesen in Wahrheit ueberaus rebellische und oftmals traenenblind vor Zorn aufmuepfige Bauern und Arbeiter sind -und Salazar war ein Sohn solcher aermlicher Leute- ........weil sie hilfslos in ihren ewigen Notlagen gefangen keinen anderen Ausweg als den wilden Protest sehen........ und man sollte sie nur friedliebend nennen, nachdem sie nach -vollkommen rechtens und durchaus verstaendlichen- Protesten und Wutausbruechen schliesslich enttaeuscht, zermuerbt, verraten und traurig resigniert haben......und wieder zuhause sind.

Die politische Elite, hingegen, lebt derweil auf Wolken wie in Zeiten einer gottgewollten Feudalherrschaft, abgehoben schwaermerisch geradezu im Groessenwahn.....

Haette Salazar nichts anderes vorzuweisen, als eben die Grossleistung, naemlich diesen Mueckenschwarm von hagestolzen portugiesischer Individuen voller persoenlicher Selbstueberschaetzung und Grossmannsucht, aus Buergerkrieg und Weltkrieg heraus und im Zaum gehalten zu haben, dann haette Salazar bereits damit einen Ehrenplatz in der Geschichte Portugals- und in den Herzen aller Portugiesen- redlich und lobenswert verdient.
Einschub Ende-

Man betrachte nur mal die Nationalhymne Portugals, welche von den Republikanern zur neuen Hymne Portugals vorgeschrieben wird.
Man will zwar nicht mehr wie im Originaltext (von 1896) "gegen Briten" marschieren, aber wortwoertlich -und noch bis heute- gegen Kanonen !

Die Gruendungsvaeter der portugiesischen Republik liessen auch gleich eine neue Fahne konzipieren

 

 

 

 

Die Monarchen hatten nach der Unabhaengigkeit Brasiliens realitaetsnah und kleinlaut den portugiesischen Anspruch auf Beherrschung der gesamten Weltkugel -versinnbildlicht durch die Armillarsphaere - im Jahr 1830 aus der Staatsfahne Portugal (Abbildung links) verschwinden lassen.

Die Republikaner wollen auf dieses Symbol aber nicht verzichten.
Und so sehen wir sie (Abbildung rechts) wieder.

Die Farbe blau, eigentlich Farbe der Schutzheiligen Portugals, der Nossa Senhora de Conceição  (Unsere Dame der Empfaengnis) wird ausgetauscht mit der Farbe gruen, womit kein Portugiese irgendeine Vorstellung verbindet.
Man denke daran: Jeder Student in Coimbra musste Jahr fuer Jahr schwoeren, die Unbefleckte Empfaengnis zu verteidigen....sonst bekam er keine Zeugnisse am Ende eines Semesters !

Die Republikaner wissen einfach alles besser !

Wie sehr das katholische Denken die Menschen im Laufe der Geschichte gepraegt und geformt hat zeigt  die Tatsache, dass zwar von den Republikanern einerseits die Jesuiten in Portugal verboten werden und von vielen die Kirche zum Staatsfeind erklaert wird, aber andererseits eine Partei in der republikanischen Regierung Portugals an den Schalthebeln sitzt, deren Anhaenger sich  Evolucionistas nennen.

Vorstellung dieser "Evolucionistas" ("Selbstentfaltungsanhaenger") ist der Glaube, dass

alle Wirklichkeit sich nach Ideen formt !

-Einschub:
Hierin sehe ich das auffallenste Merkmal nicht nur des portugiesischen Denkens, Fuehlens und Handelns, sondern den grundlegenden Unterschied zwischen aktiven Weltanschauungen und passiven Weltanschauungen -wie die katholische- wobei ich auch den Buddhismus zum letzteren zaehle.

Die Folgen:
Der Portugiese tut irgendwas, wozu er gerade Lust hat, und was er als seine geniale Idee betrachtet, leugnet dabei allerdings die Gesetzmaessigkeiten von Soll & Haben, vergisst die Schwerkraft und alles was seinen utopischen Traeumereien sonst noch im Weg steht,  verachtet die Vernunft als Unmenschlichkeit ......Gehorsam fuer Gesetze verabscheut er ebenso, weil er in ihnen nur eine Diktatur erkennt.......gleichzeitig wartet er mit Engelsgeduld, dass der liebe Gott -oder die Regierung- zur Hilfe kommen, pilgert tagelang und rutscht auf blutenden Knien, wenn er die Hilfe der Hl. Jungfrau erbittet, alles nur, damit irgendjemand ihm den ganzen durch seinen eigenen Unsinn angerichteten Schaden aufraeumt und kostenlos ersetzt, damit er dann behaupten kann, seine Idee sei wahr und erfolgreich gewesen.
Stuertzt seine geniale Idee wie ein Kartenhaus zusammen, schiebt er die Schuld auf andere....

Ganz nach der Devise: Papa wird´s schon richten !

Auch hierbei hat Salazar versucht, die Ideenwelt der Portugiesen nach Kriterien der Vernunft umzugestalten.
Salazar will einen Estado Novo (neuen Staat), in welchem vor jeder Unternehmung erstmal das Nachdenken bzw. Voraussehen kommen muss, die Planung des technisch Machbaren und wirtschaftlich Sinnvollem.....

Auch hierbei ist Salazar trotz unglaublich enormer Erfolge und Unterstuetzung aus allen Bevoelkerungsschichten letztlich gescheitert und wird heutzutage allenthalben -was laecherlich ist-  als Faschist bezeichnet.
Einschub Ende-

Und so kommen wir zu den Vorbereitungen der Olympiade von 1912

Die V. Olympischen Spiele
Stockholm / Schweden

 
Zuallererst wird in Portugal ein Comité Olimpico Português (COP) gegruendet.
"Sport" ist aber ein Zeitverteib von Englaendern, von Lords und Gentlemen.

Portugals Regierung und das COP haben fuer die aktiven Sportler  kein Geld uebrig

Also wird ein Wohltaetigkeitsball organisiert !
Er soll in Lissabon im Coliseu dos Recreios (Kolosseum der Erbauung) stattfinden am 22. Juni 1912.

Auf dieses Schauspielhaus sind die Republikaner besonders stolz.
Die riesige Deckenkuppel ueber dem Zuschauersaal ist die erste Eisenkonstruktion in Portugal, gefertigt von der deutschen Firma Hein, Lehman & Co AG
 
Ein Desaster:
Die Angestellten der Strassenbahn streiken an diesem Tag.....keiner kann kommen...der Saal steht da nur fuer die Fliegen (port. Redewendung) 
 
Von den 10 Sportlern, die Portugal aufzubieten hat, muessen wegen Geldmangels schonmal 4 disqualifiziert werden.
Die verbleibenden 6 werden zur Entsendung nach Schweden ausgewaehlt .

Aber es gibt noch andere Schwierigkeiten zu bewaeltigen.

Die Sportszeitung Sports Ilustrados (Sport mit Bildern) schreibt:

"Fuer die Olympischen Spiele duerfen sich nur trainierte Sportler bewerben, und die unsrigen, wenn man ihnen von Training redet, laufen sie fort, und manchmal hoeren sie fuer immer auf.
Suedlaender, wie wir sind, erkranken wir an diesem grossen Fehler der Ueberschwenglichkeit beim anfaenglichen Eindruck und der ploetzlichen Abkuehlung, sobald die Arbeit Beharrlichkeit und Durchhalten verlangt"
Was die Sportszeitung nicht erwaehnt, sind die widrigen Bedingungen fuer Sportler in Portugal, ganz abgesehen vom Fehlen jeglicher Turnlehrer oder Sporttrainer wie in allen anderen Teilnehmer Laendern der Olympischen Spiele.

Portugal hat noch nie an einer Olympiade teilgenommen.
Alle Hoffnungen richten sich auf einen netten, scheuen, einfachen jungen Baeckersburschen

Franciso Lazaro (geb. 21.1.1891)

Mitglied des groessten Sportclubs der Welt BENFICA
Nationalsieger Portugals im Querfeldein-Rennen
Sieger des Marathon der national  olympischen Spiele (sic !)
Sein Rekord: 2 Stunden 57 Minuten und 35 Sekunden

Und Lazaro trifft mit der restlichen Equipe Portugals puenktlich 4 Tage vor Beginn der Olympiade in Stockholm ein.
Die anderen Konkurrenten sind aber schon seit Wochen vor Ort !

Sie alle trainieren unter Aufsicht eigener mitangereister ausgebildeter Trainer, aklimatisieren sich, ernaehren sich gezielt unter Anleitung eines persoenlichen Arztes.....
Davon koennen die Portugiesen nur traeumen !

Die Eroeffnung der Olympischen Spiele ist grossartig.
Welch ein Stolz fuer Portugal !
Erstmals sieht die Welt die neue Staatsflagge Portugals !
Die Mannschaft aus Portugal zieht zwischen Norwegen und Russland ein.
Lazaro traegt die Flagge voran !

Welch peinliches Desaster:
Die neue Hymne kann die Musikkapelle nicht spielen, weil die Noten fehlen.
Also spielt man die alte, auf die Verfassung, auf die Monarchie !

Es ist ein heisser Tag !
Lazaro kennt nur das portugiesische Klima seiner Heimat.
Anders als man glaubt, ist Portugal abends kalt.
Portugal ist kein Land der Eiscafés, der Cabrio Fahrer oder lauschiger Sommernachtstraeume.....
Und wenn es kalt wird abends in Portugal, faellt der Tau fettnass auf Kopfsteinpflaster, legt sich drinnen an Hauswaende oder patschnass an Scheiben oder zieht unangenehm in die Unterwaesche.

Anders kann ich mir nicht erklaeren, dass Lazaro sich mit Olivenoel einsalbt......wollte er sich vor kaltem Wind schuetzen oder den Wasserverlust durchs Schwitzen verhindern ?

Lazarus steht schon am Start, da entdeckt sein Begleiter den Irrtum seines Landmanns, er versucht noch schnell aber ohne Erfolg, das Oel vom Koerper abzuschmieren

Lazaro erleidet nach waehrend des Laufs einen Kollaps.
Sein Koerper kann nicht schwitzen.

Tagsdrauf am 15.7. 1912 im Krankenhaus stirbt Francisco Lazaro.
Mit 21 Jahren...fuer die Ehre Portugals.
Wie einst der Held von Griechenland.

Portugal weint.
Portugal weint.

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Quellen:

1. Ana Santos: Narrativas da Nação proporcionadas pelas vitorias desportivas e seus herois

2. Cemiterio de Pianos 

3. Offizielle Seite 


Posted by Ralf at 5:47 PM GMT
Updated: Monday, 26 February 2007 10:10 AM GMT
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