Gedanken ueber Sinn und Zweck der Menschlichkeit
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Sunday, 4 March 2007
Pombal vs. Judenhut fuer die Juden Portugals

Er war ein Portugiese, der von Soll & Haben eine genaue Vorstellung besass.

Und er muss ein Mensch gewesen sein, den sein Titel Conde de Oeiras (Graf von Oeiras), verbunden mit beachtlichem Grundvermoegen und Einkuenften, nicht im geringsten veranlasste, untaetig oder gar ein portugiesischer Junker zu werden.

Er hat stattdessen die maroden Staatsfinanzen Portugals saniert und Ruecklagen angelegt.
Beinahe waere unter seiner Fuehrung Portugal ein moderner Staat geworden.
Ich nenne ihn daher:

Der erste Herkules im Staate Portugal

Sebastião José de Carvalho e Mello (1699 - 1782)



Jeder Portugiese liebt die Jagd.
Weil es in Portugal kaum Waelder gibt und ansonsten wenig Haarwild, jagd man eben Kaninchen.
Kaninchen gibt es in Portugal wie Sand am Meer.

Und Senhor Carvalho erkennt, dass die Kaninchen- und Hasenfelle der erlegten Tiere in grossen Mengen aus Portugal  nach Frankreich exportiert werden.
Dort werden aus Fell und Leder Chapéus Finos (Feinhuete) hergestellt, und diese gelten als dernier cri der Damenmode.

Die eleganten Huete aus portugiesischem Rohmaterial kommen sodann wieder zurueck nach Portugal, zu extrem teuren Preisen, und erfreuen die "daemliche" Kundschaft.

Sr. Carvalho besitzt ein grosses Landgut, ein Erbe von seinem Onkel, in der portugiesischen Ortschaft Pombal.

In diesem Landgut richtet er eine Fabrik fuer solche "Feine Huete" ein.
Er moechte damit Devisen sparen und Arbeitsplaetze schaffen.

Quinta da Gramela
 
Real Fábrica de Chapéus Finos
(Koenigliche Fabrik Feiner Huete)

gegruendet:
24. 3. 1759

Zum Betriebsdirektor ernennt er einen auslaendischen Fachmann, Monsieur Sauvage !
Damit aus begabten Hilfsarbeitern verlaessliche Facharbeiter werden, muss jeder Arbeiter eine 5 jaehrige Lehrzeit durchlaufen, und erhaelt nach einer Abschlusspruefung ein Zeugnis :

Carta de mestre
(Meisterbrief)

Heutzutage verlassen bald 50 % der Schueler Portugals ihre Hauptschule ohne Abschluss und muessen sich als Erdbeerpfluecker in Frankreich, als Truthahn Verpacker in England oder als Baustellen Hilfsarbeiter in Spanien verdingen.
Oeffentliche und kostenlose Berufsschulen, wo man etwas brauchbares lernt, wie zur Zeiten der Araber, von Pombal oder spaeter Salazar, gibt es in Portugal im 21. Jahrhundert nirgendwo.

Einschub:
Mit der Ausnahme im Fussball, waere auch heutzutage die Ernennung eines Auslaenders als Entscheidungstraeger in einer Fuehrungsposition einer portugiesischen Firma ohne Auslaenderbeteiligung, also allein wegen Fachwissens statt familiaerer Verwandschaft, eine Sensation !

Faehrt beispielsweise ein Japaner im Auftrag des japanischen Einkaeufers (!) zur Qualitaetskontrolle auf portugiesischen Fischerbooten mit, dann erzielt das Kilo Thunfisch etwa das Hundertfache als wenn der Fang von denselben Fischern in Eigenregie gefangen und weiterverarbeitet wird und deshalb nur primitiv in schaebbigen Konservendosen landet.....

Nie im Leben aber kaeme ein portugiesischer Fischer auf die fuer ihn voellig abwegige Idee, eben einen japanischen Fachmann als Chef anzuwerben.
Dieser waere ja dann Chef ueber ihn selber !
Und wuerde womoeglich mehr Geld verdienen als er selber !
Beides Horrorvorstellungen, die ein Portugiese als unehrenhaft und unertraeglich empfindet!
Sr. Carvalho hingegen entlaesst sofort jeden einheimischen  Direktor, wenn er nichts taugt und ersetzt ihn oftmals mit Auslaendern.
Einschub Ende-

Man kann sich folglich die Schwierigkeiten nicht vorstellen, die Sr. Carvalho aus allen Ecken Portugals und aus allen Winkeln der portugiesischen Seele entgegentraten.

Denn die besten Fachleute fuer die Ansiedlung von Gewerbetrieben waren die Juden.
Und die Juden hat Sr. Carvalho eingeladen, beguenstigt und auf diese Weise Arbeitsplaetze fuer katholisch ungebildetet erzogene Menschen geschaffen, welche die Feudalherren eigentlich als billige Knechte fuer ihre Latifundien wuenschten.....

Der zwar mit Ignoranz aber zufaellig mit hochintelligentem Instinkt versehene Koenig José I. (1714 - 1777) musste dringend seinem Minister Carvalho ein Ansehen verschaffen, damit die Leute auf dem Land Respekt bekaemen und die Feudalherren mit einem Ebenbuertigen zu sprechen bereit wuerden.
Um die Arbeit seines Ministers nicht zu gefaehrden, musste er ihn mit "hoehere Weihen" versehen.

Ein Portugiese (z.B. der Eigentuemer einer Textilfabrik) ist naemlich wegen seiner angeborenen Eitelkeit ausser Stande, mit einem anderen Portugiesen (ebenfalls Inhaber einer Textilfabrik) fuer einen gemeinsamen Geschaeftserfolg irgendeine strategische Allianz einzugehen .

Der eine haelt sich grundsaetzlich fuer etwas besseres und verachtet aus den laecherlichsten Gruenden den anderen.... wie hier jeder gleichfalls seinem Nachbarn, Kollegen oder Landsmann zutiefst und unverrueckbar misstraut. .

Nur wenn ein "Praesident" (und es gibt zig-tausende Praesidenten in Portugal) oder eine "Excellenz" (jeder Politiker sonnt sich allzugern unter diesem Titel) zu einem Vortrag laed....kommen die Portugiesen brav und scharenweise , versammeln sich andaechtig im Zuhoererraum und halten mit unglaublicher Geduld Maulaffen feil, waehrend die hochgestellte "titulierte" Persoenlichkeit -vor laufenden Kameras- einen langatmigen Vortrag haelt...

Wer in Portugal bloss als Abteilungsleiter arbeitet wird mit Senhor Doutor (Herr Doktor) angeredet, ein Facharbeiter ist stets ein Senhor Engenheiro (Herr Ingenieur).

Am 15.7.1759 - also nur vier Monate nach Gruendung der Hutfabrik wird Sr. Carvalho in den Grafenstand zu Conde de Oeiras (Graf von Oeiras) erhoben. -

Eines Tages sitzt der Koenig José I. auf seinem Thron und denkt ueber die Lage armen Neuchristen nach.

Er will diese Mitbuerger heimlich juedischen Glaubens, die seine koeniglichen Vorgaenger durch Zwangstaufe, Befreiung von der Erbschaftssteuer oder sonstwie zur Taufe gezwungen oder gedraengt haben, endlich wieder als vollwertige freie Menschen sehen, frei von Verstellung, Tarnung, uebler Nachrede.

Am besten, dachte der Koenig sich und sprach zu seinen Knoepfen (port. Redewendung), wenn er im Land offiziell Guitos (Ghettos) einrichten wuerde, wo die Juden unter sich leben duerften und auch sonst allgemeine Bewegungsfreiheit besaessen, sofern sie denn immer einen gelben Judenhut tragen wuerden.

Von den Hirngespinsten seines Koenigs erfaehrt auch Pombal und eiltsogleich  zu ihm ins Throngemach.
Der Chefanklaeger der Inquisition ist auch anwesend.

Pombal hat gleich drei Musterhuete mitgebracht, die er seinem Koenig hinhaelt :

"Wofuer diese drei Huete"
fragt ihn der Koenig.

Daraufhin Pombal:
Einer ist fuer mich, einer fuer Eure Majestaet und der dritte ist fuer den Inquisidor-mor
(aus Cecil Roth: A history of the Marranos)
Pombal ueberzeugt den Koenig.
Pombal will naemlich das Denken seiner Landsleute umkrempeln, nicht Religion oder Rasse oder Herkunft sollen laenger eine Rolle spielen, sondern allein Gehorsam, Vernunft und Gewissen.

Und wenn das Tragen von gelben Hueten zur Pflicht wird, dann muss diese Vorschrift fuer jedermann gelten...

Die portugiesische Produktion von feinen Hueten arbeitet erwartungsgemaess mit grossem Erfolg.

Am 7.8.1767 laesst Pombal jeglichen Export von Kaninchen- und Hasenfellen verbieten.

Unglaublich -wie von Geisterhand gefuehrt- sammelt sich im Staatstresor ein  beachtliches Vermoegen an.
Der Koenig und sicherlich die Mehrheit glaubt an ein Wunder oder einen gottgewollten Zufall.

Einschub:
Fuer portugiesische Fabriken -bis auf eine handvoll ruehmlicher Ausnahmen- ist eine eigenstaendige Produktion von Produkten heute noch undenkbar, ein verschlossenes Buch mit Sieben Siegeln.

Die typische Fabrik heutzutage in Portugal arbeitet grundsaetzlich nur als verlaengerte Werkbank eines Auslaenders, also "produziert"ueberhaupt  nichts, sondern "verschraubt" Einzelteile oder wie der Begriff in der Textilindustrie heisst: CMT  (Cut , Make, Trim)
Es sind somit Werkvertraege, welche die Portugiesen suchen und keine Kaufvertraege seitens der Kundschaft. 
 
Die Hutfabrik von Pombal waere noch heute eine Revolution !
Die Geschaeftsleitung ist in Portugal zuhause und die gesamte Wertschoepfung bleibt in Portugal und fliesst nicht ins Ausland ab.
(Davon koennen portugiesische Arbeiter in unseren Tagen nur traeumen...)
 
Zehn Jahre nach Gruendung seiner erfolgreichen Hutfabrik wird Graf von Oeiras in den Markgrafen (Marquis, port: Marquês) Stand erhoben.
Fuer ihn wird dieser Adelstitel eigens geschaffen.

Also wird Sr. Carvalho der 1º Marquês de Pombal
(Seine oesterreichische Ehefrau wird sich gefreut haben)
 
Doch der lange Arm der Kirche und der Unvernunft verfuegen in Portugal ueber den laengeren Hebel.

Heute im Jahr 1777, am 4.3.1777 wird der Marquês de Pombal seiner Aemter enthoben.

Der Koenig ist tot und die Meute stuerzt sich auf die vollen Kassen, die Pombal hinterlassen hat.

Einschub:
Aehnlich werden die Antifaschisten in Portugal im April, jenem 25.4.1975 - im allgemeinen Chaos risikolos- in saemtliche Banken , wo sie Geldvorraete vermuten, einbrechen und sich die Taschen fuellen.

Den Schaden zahlen ohnehin auslaendische Versicherungsgesellschaften...

Salazar, der 2. Herkules im Staate Portugal, hatte seinem Land nicht nur Strassen, Schulen und Fabriken sondern ausserdem einen Schatz von 800 Tonnen Gold und die staerkste Waehrung Europas hinterlassen.
Binnen Monaten wird aus einem reichen Staat wieder das Armenhaus Europas.
Einschub Ende-

Der Marquês will noch dem Saus und Braus der Hofschranzen um die eingebildete Thronerbin im Koenigsschloss Einhalt gebieten:

Da wird ihm zu guter letzt verboten (am 16.8.1781), sich bis auf 20 leguas dem Hofe (corte) zu naehern......

20 legua sind 123 km !

Portugal waere beinahe ein moderner Staat geworden.
Juden packen wieder ihre Koffer.
Das Land verarmt.

Posted by Ralf at 2:24 PM GMT
Updated: Sunday, 4 March 2007 11:24 PM GMT
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