Es ist in Frankreich eine vielbestaunte Neuheit......
Aber die Tramway sur Pneus sind fuer Portugiesen olle Kamellen !
Die Idee war -und ist immernoch heute- genial:
Man nimmt nur einen Schienenstrang - statt wie bei der regulaeren Eisenbahn zwei- und ohne Grundstueckparzellen kaufen zu muessen legt man sie entlang bestehender Strassen und laesst eine "Strassenbahn" mit Lokomotive und Anhaengern darauf entlangfahren.
Der Herzog von Saldanha (1790 - 1876) war total begeistert, als er diese technische Neuheit des Jahres auf der Weltausstellung 1867 in PARIS erblickte.....und vermutlich klopfte er dem Erfinder, Monsieur J. Larmanjat, anerkennend auf die Schulter...
Saldanha´s (sprich: Saldanja) Grossvater war jener beruehmte Marquês de Pombal, und nicht zu vergessen den Namen "Daun" seiner Oma, eine gebuertige Oesterreicherin, wohl urspruenglich aus dem Herzen der Vulkaneifel, dem Doerfchen Daun.
So ein Name verpflichtet ja gerade zu heroischen Leistungen fuer die Modernisierung Portugals !
Als Politiker wusste er:
Portugiesen lieben ultra-moderne technische Spielereien.....und sind gerne bereit, zur Finanzierung ihrer Flughafen (aktuell: OTA) und Schnellzug-Traeume (aktuell TGV) auf Nahverkehrsverbindungen, Strassenbau, Schulen und Krankenhaeuser zu verzichten.
Nicht das Volk im allgemeinen, klar, aber die Titeltraeger, die an den Honigtoepfen sitzen...und nur auf die kommt es an !
Und frenetischer Applaus und Lobzurufe von Bankangestellten und Kredithaendlern aus dem Publikum nie suesser klingen .....
So war das damals auch schon.
1869 erhaelt der Duque (Fuerst) Saladanha die Genehmigung und bald hat er eine gewaltige Summe zu Verfuegung.
Nicht weil Portugal diese Transportmoeglichkeiten zum Arbeiten benoetigt und das Projekt rentabel waere...nein, weil es chic und ultra-modern ist....und die Investition der Anleger vom Staat verbuergt wird.
Saldenha denkt, es sei ein Fortschritt und schaffe Arbeitsplaetze, wenn er massiv den Staat verschuldet...
(kommt uns bekannt vor, nicht wahr ?)
Der Plan:
Rote Linien: Regulaeres Schienennetz der "Eisenbahn"
Das Prinzip, die Neuheit -so neu, dass es bislang kein Land Europas gab, wo das System sich bereits bewaehrt hatte, also niegelnagelneu- gerade richtig, um in Portugal eingerichtet zu werden.
Den Konstruktionsauftrag erhielt die englische Firma Messrs Sharp Stewart & Co. in Manchester.
Ein portugiesischer Fuerst laesst sich nicht lange bitten:
70 Passagierwaggons
80 Transportwaggons
Dampflok
Raederanordnung: 1-1-2-1-1
Die Bewohner von Buckhurst Hill haben im Winter 1872 sicher nicht schlecht gestaunt, als ein Probezug auf nur einer Schiene in ihrem Waeldchen 600 Yards lang staendig hin- und hertuckelte.
Die Strecke fuehrte durch Epping Forest, von Keeper´s Lodge on Knighton Lane bis runter zur Old Monkhams Farm.
Die englischen Eisenbahnbauer hielten diese sumpfige Gegend fuer den portugiesischen Verhaeltnissen am aehnlichsten.
Links und Rechts die Holzbalken, auf welchen die Stuetzraeder rollen
Gesamtbreite: 1,27 cm
Es waren einfach zuviele Menschen an Bord.
Und ausserdem ist der Erdboden in Portugal besonders tueckisch !
Das huegelige Land sieht zwar wie woanders in Europa aus, weil man die nur mit wenig Erde bedeckten Felsen unter seinen Fuessen nicht sehen kann.
In Portugal sucht sich der Regen knapp unter der Oberflaeche seine Ablaeufe und Strassen baut man am besten -nach Portugiesischer Tradition- mit Kopfsteinpflaster......
Wer in Portugal sein Auto faehrt, ohne auf taeglich neue Schlagloecher zu achten, wird bald teuer bereuen....
Die Bahn entgleist staendig, oft kippt sie um, manchmal muessen die Passagiere schieben, und ueberhaupt:
In einem Staat, in welchem es noch im 21. Jahrhundert egal sein wird ist, dass man fuer einen Besuch beim Finanzamt/Kassenarzt/Behoerden etc. mehrere Stunden bei Wind&Wetter im Freien Schlange stehen muss, kommt es auf ein paar Viertelstunden Zeitgewinn nicht an.
Ausserdem sind die Kutscher & Speditionen darauf bedacht, keine Konkurrenz aufkommen zu lassen.
Ausserdem stinkts fuerchterlich, der Kohlenqualm, im Sommer unertraeglich.
Aus "lá vem já !" (Da kommt sie schon !)
wird wegen der notorischen Verspaetungen auf den Bahnsteigen gerufen :
"não vem já" (Nein kommt sie schon !?)
An solche niederen Einzelheiten denkt man als portugiesischer Fuerst Saldanha natuerlich nicht !
.....und kein Sterblicher wuerde es in Portugal wagen, einem Vorgesetzten zu widersprechen, dessen besondere Begabung in seiner sozialen und beruflichen Stellung vorallem und immer das Erfinden zahlloser Ausreden ist .....
Lieber faehrt man wieder Diligência (Postkutsche - eigentlich "Sorgfalt"), gemuetlich aber zuverlaessig !
Die Regierung versucht, so schnell wie moeglich, das ganze Projekt loszuwerden und findet Investoren in England.
mit 1500 Anleihen (Debenture) zu 8 %
am 29.7.1873
Die Aktionaere wirds wegen der vermutlichen Staatsgarantien nicht sehr geschmerzt haben.....
-Je eher Portugal im Abgrund versinkt, um so frueher kann man sich gratis die Kolonien, z.B. die Rohstoffe Angolas greifen...-
Die altehrwuerdige portugiesische Firma PINTO,BASTO & Co. bietet zum guten Schluss die Konkursmasse hoechstbietend feil in einer Zeitungsannounce in England in 1877.
Wenige Jahre spaeter erklaert ganz Portugal seinen Staatsbankrott.
Der Erste Weltkrieg macht Portugal wieder wichtig.
Glueck gehabt.