Gedanken ueber Sinn und Zweck der Menschlichkeit
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Friday, 9 March 2007
Juedische Studenten aus Brasilien in Coimbra zur Zeit der Inquisition
In Portugal-Brasilien waren Universitaeten verboten.
Wer studieren wollte musste nach Portugal-Kontinent und zwar nach

Coimbra
Gemaelde: Rosário Andrade
 
Jeder Portugiese, der in Coimbra studiert hat, schmachtet sein Leben lang in nicht enden wollendem Heimweh und Weltschmerz (saudade) versunken in die Erinnerungen an seine erste Liebe, an die Glocke der Universitaet, an die Auenwiesen des Flusses Mondego, wo er als Juengling Gedichte ersann....
 
Nichts klingt so traurig wie die Fado von Coimbra. 
 
Leider haben seine juedischen Kommilitonen ganz andere Erinnerungen erleben muessen, insbesondere zur Zeit der Inquisition.

Im Jahr 1630 gab es einen regelrechten Aufstand saemtlicher katholischer Studenten gegen ihre augenscheinlich ebenso katholischen Mitstudenten, welche allerdings in Fleiss, Froemmigkeit, und Erfolg allen anderen Neidern weit ueberlegen waren, und sich damit als Cristãos Novos (Neu-Christen), wie man die (zwangs)getauften Juden auch nannte, zu erkennen gaben.
 
Wie es den juedischen Studenten aus Brasilien, vernehmlich aus Rio de Janeiro, in den Jahren zwischen 1650 und 1730 erging, erfahren wir in einer Studie von Carlos Eduardo Calaça, der seiner Arbeit die Gerichtsakten der Inquisition zugrunde legt.
 
Man kann sich die elterlichen Sorgen in juedischen Familien vorstellen, wenn der Sohn entschlossen war, in Coimbra ein Studium aufzunehmen.
 
Von (den in der Studie erwaehnten ) 37 Studenten studierten in Coimbra: 
18 Kanonisches Recht 
10 Medizin
6   Rechtswissenschaft
3   Instituta (?) 
Die Vorliebe fuer kanonisches also Kirchenrecht mag verwundern, der Grund ist schnell erklaert.

Um als heimlicher Jude in Ruhe arbeiten zu koennen und im Notfall, also bei Anklage, jurisitisch gewappnet zu sein, last not least, um in einem extrem katholischen Umfeld Karriere zu machen, war ein Studium des Kirchenrechts unumgaenglich.
 
Man sprach damals von mandamentos, was man am besten mit den zwingenden Umstaenden uebersetzt, die eben ein genaues Wissen katholischer Gesetze notwenig machten.
 
Die elterliche Einweisung des Sohnes, bevor dieser nach Coimbra ging, umfasste daher den Unterricht, wie man bom comportamento (gutes Benehmen) an den Tag legt, wie man sich in acortesamento  (Hoeflichkeiten) uebt und seine civildade (seinen Anstand) zeigt, brav nach der Vorstellung der Professoren Kutten.
 
Und fuer den extremen Notfall erhielten die Soehne eine spezielle Ausbildung von ehemaligen Residenten in Portugal, die ihre Erfahrungen jetzt den jungen Studenten anerzogen.

Weil die Richter der Inquisition, wie eine "Maschine" dachten und urteilten, und die Inquisition selbst nach bestimmten unveraenderten Regeln und Normen funktionierte, musste man "nur" gut die Schwachpunkte kennen, um seine Haut zu retten.
 
Nach einem zuvor erlernten ausgekluegelten Schema im Ablegen von ganz speziellen Gestaendnissen, haben Studenten tatsaechlich -wie die Dokumente belegen- inquisitorische Anklagen abgewehrt.

Zum Beispiel musste man moeglichst viele, bereits von einem Inquisitionsgericht freigesprochene oder bereits verstorbene Mitmenschen des juedischen Glaubens bezichtigen und dabei eine einwandfreie Schlagfertigkeit und Spitzfindigkeit beherrschen, um prozessrechtlich einen Freispruch gewinnen zu koennen.

Ausreden wie beispielsweise : "weiss ich nicht, habe ich vergessen" galten bei Gericht wie ein Schuldeingestaendnis.
 
Derart vorbereitet konnten die Soehne in Coimbra -der Stadtteil, wo sich die Uni befindet heisst Almedina- ihr Studium beginnen.
 
Wie sah das Studieren damals aus ?
 
Ein Semester dauerte 7 Monate.
Davon war man ganze 4 Monate mit irgendwelchen religioesen Beschaeftigungen zugange..
Beten, Prozessionen besuchen, Heiligenfeiern, Schutzpatronfeste, Priesterehrungen, Schwur ablegen fuer die Unbefleckte Empfaengis, singen fuer die Heilige Dreifaltigkeit, Rituale einueben, Auto da Fés beiwohnen, Predigten hoeren etc. 
Und ueber allem wachte der gefuerchtete Carcereiro (Karzermeister), denn die Universitaet besass ihr eigenes Tribunal mit dazugehoerendem Karzer.
 
Dieses Pensum bewaeltigten die juedischen Studenten aus Rio de Janeiro oft
"mit viel Verstand und Faehigkeit
 
Diese Lehrjahre machten aus einem Studenten einen richigen Aristokraten, ausgestattet mit den Kontakten und Denkstrukturen einer katholischen Monarchie.
 
Doch der Schein truegt und waehrt nicht ewig.
Bald kommt die Inquisition nach Rio de Janeiro.
 
Anfang des 18. Jahrhunderts ist es soweit.
 
Alles umsonst......
Viele juedische Familien verlieren Hab & Gut und viele auch ihr Leben. 
 
Erst der Marquês de Pombal, der erste Herkules im Staate Portugal,  wird viele Jahre spaeter das angerichtete Unheil der Kirche, der Inquisition und der Jesuiten erkennen und (vergeblich) versuchen, aus Portugal einen modernen, gerechten und wohlhabenden Rechtsstaat zu machen. 
 
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Quelle:

Zugriff das PDF Dokument -welches sich leider nicht verlinken laesst- mit seinem Titel via Suchmaschine auffinden oder hier:
 


Posted by Ralf at 11:32 PM GMT
Updated: Sunday, 22 April 2007 10:59 AM BST
Post Comment | View Comments (1) | Permalink

Wednesday, 18 June 2008 - 10:42 AM BST

Name: "anonymous"

Die Arbeit von Carlos Eduardo Calaça:

HIER LESEN (pt)

http://revistaseletronicas.pucrs.br/ojs/index.php/iberoamericana/article/view/1345

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